Mantaplatte
Das Kultgericht fürs Kultmilieu. Oder: Wieso die Mantaplatte Mantaplatte heißt.
Herta Heuwer wäre im Jahr 2013 hundert Jahre alt geworden. Ihre Erfindung wird wohl noch in hundert Jahren des Deutschen liebster Kantinensnack, vielleicht sogar sein liebstes Abendmahl sein. Die Currywurst. Es sind schließlich oft die einfachsten Dinge, die die Zeit überdauern: Eine gewöhnliche Brüh- oder Bratwurst, mundgerecht geschnitten und die namensgebende Soße dazu: Tomatenmark oder Ketschup als Basis, außerdem Currypulver. Viel mehr braucht es nicht für über ein halbes Jahrhundert ungebrochener Popularität.
Und doch kommt die Wurst nicht gern allein daher. Pommes Frites als Beilage sind bewährt, dazu am besten Mayonnaise und Ketschup – warum für eines davon entscheiden, wenn auch beides geht? Ein nahrhaftes wie sättigendes Gericht, ein Klassiker, der auf einen seltsamen Namen hört: Die Mantaplatte. Nicht selten sagen bildhafte Namen von Gerichten etwas über die Herkunft derselben aus. Das Zigeunerschnitzel beispielsweise bekommt seinen Namen von der Paprika, die zur Zeit der Erfindung aus Ungarn eingeführt worden war. Political Correctness zu Zeiten Österreich-Ungarns? Fehlanzeige. Der Name „Arme Ritter“ für süß gebackenes altes Brot stammt aus einer Phase im Mittelalter, als viele Rittergeschlechte verarmten. Brot konnte man sich noch leisten.
Mit der Mantaplatte oder dem Mantateller verhält es sich weniger eindeutig. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Begriff aus einer Zeit stammt als Cowboystiefel noch Mantaletten hießen und nicht wenige Männer einen Fuchsschwanz am Gürtel spazieren führten. Im Radio liefen die „Scorpions“, „Nena“ und „Bon Jovi“ und an der Imbissbude erlebte die Currywurst in ihrer Liebesverbindung mit Pommes, Ketschup und Mayo einen Popularitätsschub.
Die Mantaplatte und das Ruhrgebiet
Keimzelle des Manta-Mythos ist das Ruhrgebiet. Hier spielt Eichingers Film, hier gibt es sie noch, die gute, deutsche Imbissbude. Und hier kann man auch davon ausgehen, dass der Wirt hinterm Tresen weiß, was gemeint ist, wenn der Kunde eine „Mantaplatte“ bestellt. Zwar hat sich der Begriff sporadisch verbreitet und soll mittlerweile selbst in Norddeutschland gehört worden sein, doch ist nicht davon auszugehen, dass ein Großteil der Bundesbürger etwas mit dem Mantateller anfangen kann. Insbesondere in Zeiten, da man den Opel Manta noch seltener auf den Straßen sieht als einen Trabbi.
Herta Heuwer jedenfalls hätte sicher nichts damit anzufangen gewusst, wenn jemand Anfang der 50er-Jahre in der Berliner Kaiser – Friedrich – Straße eine Mantaplatte bestellt hätte. Ob die Erfinderin des Kultgerichts überhaupt Auto fuhr, ist nicht bekannt.
Fest steht: Saftig muss sie sein und gut gewürzt, die Pommes goldgelb und kross, ordentlich Ketschup drauf und natürlich Mayonnaise. Bestimmte Dinge ändern sich nicht. Auch nicht über Jahrhunderte. Fertig ist die Mantaplatte.
Der Opel Manta
Dem Milieu mit dem Treffpunkt Imbissbude hat Bernd Eichinger 1991 mit dem Film „Manta, Manta“ ein Denkmal gesetzt. Dass der Opel-Manta bis heute ein Proletenimage mit sich herumschleppt, hängt nicht unwesentlich mit der Vermarktungsstrategie des Konzerns zusammen. Als Opel die Reihe Anfang der 70er-Jahre auf den Markt brachte, spielte die Sportlichkeit eines Wagens erstmals die primäre Rolle für junge Käufer. Der Manta war Opels erfolgreicher Versuch die Zielgruppe der jungen Männer zu gewinnen. Der Werbeslogan: „Opel Manta. Weil Ihnen gewöhnliche Autos zu langweilig sind“ verdeutlicht sehr anschaulich, worauf es der Firma bei der Entwicklung des Autos im Endeffekt ankam: Eine Ästhetik zu bedienen. Der Manta war vor allem auffällig, dabei aber nicht ganz so leistungsstark, wie man es vermuten konnte. Die findigen Tuner schafften diesen Makel selbstverständlich mit eigener Hände Arbeit aus der Welt.
Mantawitze
„Kommt ein Mantafahrer in die Imbissbude. ,Mach mir mal ne Pommes.‘ – ,Willste was drauf?‘ – ,Ey, pass auf, was du sagst!'“ Ist ein Milieu als solches erst einmal festgelegt und etabliert, lässt es sich natürlich um so leichter verspotten. Auch die Mantawitze gehören, so scheint es, zum Inventar der 80er-Jahre und können heute, wie das Gefährt, nach dem sie benannt sind, als verschollen bezeichnet werden. Vor einigen Jahren setzten Filmstudenten ein Video ins Netz, das die Behauptung aufstellte, die Mantawitze seien eine Erfindung des Porsche-Vorstandes in Zusammenarbeit mit Karl Dall. Das Experiment funktionierte derart gut, dass die Verschwörung in einschlägigen Tuner-Foren ernsthaft diskutiert wurde.